Das Institut für Orient- und Asienwissenschaften in Geschichte und Gegenwart
Indische Philosophie, arabische Naturwissenschaft und japanische Kunst haben Europa entscheidend mitgeformt. Alle großen Weltreligionen sind in Asien entstanden. In Zeiten zunehmender Globalisierung werden wirtschaftliche und kulturelle Verflechtungen zwischen Asien und Europa immer enger und das Wissen über asiatische Kultur und Gesellschaft damit immer bedeutungsvoller.
Orient- und asienbezogene Studien haben an der Universität Bonn eine lange Tradition. Bereits 1818, im Gründungsjahr der Universität Bonn, wurde der Indologe August Wilhelm Schlegel nach Bonn berufen; im folgenden Jahr nahm der Arabist Georg Wilhelm Freytag hier seine Arbeit auf. Institutionell verankert wurden die Studien allerdings erst im Jahre 1913 durch die Gründung des Orientalischen Seminars mit Carl Heinrich Becker als erstem Direktor. Ihm folgte Paul Kahle, der im Jahr 1939 unter dramatischen Umständen nach England emigrieren musste. Während im Orientalischen Seminar zunächst Semitistik, Indologie und Arabistik die Schwerpunkte waren, kamen im Laufe der 1920er Jahre Sinologie und Japanologie dazu. 1920 wurde das Religionswissenschaftliche Seminar gegründet, dessen erster Direktor Carl Clemen war.
In der Nachkriegszeit gliederten sich sodann verschiedene Bereiche des Orientalischen Seminars als eigenständige Seminare aus, so 1955 das Indologische Seminar, 1964 das Sinologische Seminar und 1966 das Japanologische Seminar. Hinzu kam im Jahr 1964 das Seminar für Sprach- und Kulturwissenschaft Zentralasiens, ferner 1981 als weitere eigenständige Einheit das Seminar für Orientalische Kunstgeschichte.
1959 wurde das Seminar für Orientalische Sprachen als Nachfolgeorganisation der 1897 ursprünglich in Berlin gegründeten Einrichtung gleichen Namens in Bonn wiedererrichtet und über verschiedene Zwischenstufen schließlich der Philosophischen Fakultät eingegliedert.
Im Zuge der Neuorganisation der Lehr- und Forschungseinrichtungen der Philosophischen Fakultät wurde zunächst ein relativ loser Forschungsverbund in Form eines "Asienzentrum" geschaffen, aus dem dann im Jahr 2005 das Institut für Orient- und Asienwissenschaften (IOA) erwachsen ist.
Im Jahr 2018 - zur 200-Jahr-Feier der Universität Bonn - ist diese traditionsreiche Vergangenheit in der Festschrift „Die Bonner Orient- und Asienwissenschaften“ festgehalten worden.
Das Institut für Orient- und Asienwissenschaften deckt mit seinen Kompetenzen und dem entsprechenden Lehrangebot eine außerordentliche Bandbreite des asiatischen Raums mit seinen vielfältigen Sprachen, Religionen und Kulturen ab, wie sie in Deutschland nur an ganz wenigen Orten geboten wird: Von Kleinasien bis Japan, von der Mongolei bis Süd- und Südostasien. In den einzelnen regionalen Schwerpunkten sind darüber hinaus sowohl die gegenwärtigen als auch die klassischen asiatischen Kultursprachen und ihre Literaturen in Forschung und Lehre fest verankert.
Das IOA gliedert sich in insgesamt acht Abteilungen, die aus den alten Seminaren hervorgegangen sind: Asiatische und Islamische Kunstgeschichte, Islamwissenschaft und Nahostsprachen, Japanologie und Koreanistik, Mongolistik und Tibetstudien, Religionswissenschaft, Sinologie, Südasienstudien und Südostasienwissenschaft. Diese sind auf die folgenden vier Standorte verteilt: Brühler Str. 7; Nassestraße 2; Adenauerallee 4-6; Adenauerallee 10.
Asienwissenschaften können in Bonn sowohl im Bachelor als auch im Master studiert werden. Als B.A.-Kernfach mit Profilbildung wird der Studiengang obligatorisch mit dem dazugehörigen sprachlichen Begleitfach kombiniert. Im Rahmen eines Zwei-Fach-Bachelors kann ein entsprechender Studiengang des IOA als eines von zwei gleich gewichteten Fächern der Philosophischen Fakultät studiert werden. Nach dem Bachelorstudium besteht die Möglichkeit, ein viersemestriges Masterstudium anzuschließen, in dem die erworbenen sprachlichen, kultur- und gesellschaftswissenschaftliche Kenntnisse ausgebaut und vertieft werden, sowie anschließend auch zu promovieren.
Am IOA studieren in den verschiedenen teils neu konzipierten, teils nunmehr auslaufenden Studiengängen insgesamt ungefähr 1.400 Studierende, die von mehr als 70 Professorinnen und Professoren, wissenschaftlischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Lektorinnen und Lektoren unterrichtet werden.
Das Institut für Orient- und Asienwissenschaften unterhält zahlreiche Kooperationen mit Forschungsinstitutionen im westlichen und asiatischen Ausland. Als eines der größten Institute der Philosophischen Fakultät der Universität Bonn fügt es sich nicht nur in die Universität ein, sondern auch in die Ausrichtung der Bundesstadt Bonn mit dem Sitz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und zahlreicher weiterer mit Hinblick auf den Nord-Süd-Austausch hier angesiedelter Organisationen, darunter das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Deutsche Welle und die in Deutschland ansässigen UN-Institutionen.